08
Mai
2012

Mit Ente und Pagode zum Erfolg

Nichts geht über Stahl und Chrom: Mit historischen Automobilien ließen sich in der Vergangenheit beispiellose Wertzuwächse erzielen. Jetzt belagert eine neue Klientel die Oldtimerhändler. Renditehungrige Privatanleger mischen sich unter die verschrobenen Bastlertypen.



Die Warnung ist überdeutlich. "Keine Anlage kann mehr als wirklich sicher gelten", mahnen die Analysten des Internationalen Währungsfonds in ihrem jüngsten Bericht zur globalen Finanzstabilität.
Wenn also allenfalls noch deutsche Bundesanleihen mit ihrer Miniverzinsung als garantiert ausfallsicher gelten, wohin dann mit dem vielen Geld, das die Zentralbanken derzeit in die Finanzmärkte pumpen? Sollen sich Privatanleger oder institutionelle Investoren den jüngsten Erfahrungen zum Trotz wieder stärker mit Aktien, Gold oder Immobilien beschäftigen? Oder gibt es bessere Anlageklassen, die ausreichende Sicherheit und ordentliche Rendite bieten?

Die Suche nach einer Antwort führt in den kleinen, verschlafenen Ort Bargfeld-Stegen, rund 50 Kilometer nördlich von Hamburg. Hier auf dem Land zwischen Bauernhöfen und der Freiwilligen Feuerwehr betreibt Gunnar Hahn seine Oldtimer-Werkstatt. Der Restaurator und Oldtimer-Experte wird in der Szene "Pagoden-Papst" genannt. Aus den USA, Norwegen und Arabien pilgern Kunden zu ihm, um ihre wertvollen Autos restaurieren zu lassen. Die wegen ihrer Dachform "Pagode" genannten Mercedes-Modelle 230, 250 oder 280 SL Cabrio zählen zu den schönsten Oldtimern der Welt und sind bei vermögenden Sammlern sehr beliebt. Nur noch 3.000 Exemplare gibt es in Deutschland. Wertsteigerung: Zehn Prozent pro Jahr. Mindestens.

Galt der Kauf von Oldtimern bisher als versponnenes Hobby älterer Herren, werden alte Autos jetzt zu einer Form der Kapitalanlage, die gerade in Krisenzeiten enormen Zulauf findet. Die Investments in historische Fahrzeuge, so versprechen es Oldtimer-Enthusiasten, böten Inflationsschutz, weil der Oldtimer-Markt von den allgemeinen Finanzwerten abgekoppelt sei; und zudem eine satte Rendite, weil die Anzahl der Fahrzeuge endlich und die Nachfrage gewaltig sei.

Der Oldtimer-Index hat nahezu alle Aktienindizes geschlagen

Bislang stützen die Fakten diese These. So hat der Oldtimer-Index, der rund 90 historische Fahrzeugmodelle umfasst, in den vergangenen zehn Jahren nahezu alle Aktienindizes geschlagen. Im Jahr 2011 stieg der Index um 9,3 Prozent. Die höchsten prozentualen Wertsteigerungen erzielten ausgerechnet die Billigkutschen von gestern: Die legendäre "Ente" 2CV6, der Renault R4 und der Fiat 500 F.



Auch Restaurator Hahn beobachtet, dass es einen neuen Typ Oldtimer-Käufer gibt: den rationalen Investor. Früher bestand Hahns Kundschaft vor allem aus Liebhabern, die ihre Fahrzeuge selbst pflegten und stolz für sonntägliche Ausfahrten nutzten. Jetzt finden zunehmend Investoren den Weg nach Bargfeld-Stegen, die weniger am Charme des alten Blechs, sondern vor allem an der erhofften Wertsteigerung interessiert sind.

Gerade erst hat Hahn einen Hamburger Immobilien-Manager beim Kauf von 50 historischen Porsche aus den USA beraten. Der Import verlief so gut, dass gleich die nächste Ladung von erneut 50 Oldtimern geordert wurde. Sein Kunde habe allein die Rendite im Blick, erzählt Hahn. Er wolle die Autos kaum bewegen, sondern in einer Halle verschließen und nach fünf bis zehn Jahren mit kräftigem Aufpreis verkaufen.

"Kunden entdecken Oldtimer zunehmend als Baustein ihres Portfolios"

"Unsere Kunden entdecken Oldtimer zunehmend als weiteren Baustein ihres Portfolios", sagt auch Florian Zimmermann, bei der Hamburger Privatbank Berenberg verantwortlich für die Oldtimer-Sparte. Rund 150 Millionen Euro haben Zimmermanns Klienten bereits in Oldtimer investiert. Viele Fahrzeuge seien dies nicht, aber eben sehr teure. Einer seiner Kunden besitze vier Oldtimer im Wert von 30 Millionen Euro, lässt sich der Banker entlocken.

Zimmermann teilt den Markt in drei Kategorien: Das Einstiegssegment bis 250.000 Euro, das mittlere Segment bis 1,5 Millionen Euro und das exklusive Segment bis 35 Millionen Euro. In die letzte Kategorie fällt etwa der Ferrari GTO. Einer dieser edlen Renner wurde kürzlich in den USA für knapp 30 Millionen Dollar versteigert.

Wie der Restaurator Hahn hat auch der Banker Zimmermann immer mehr Kunden aus dem europäischen, arabischen oder asiatischen Raum, die Oldtimer rein aus Investment-Gründen kaufen. Für seine ausländischen Kunden verwahrt er die Pretiosen, er lässt sie pflegen, versichern und zuweilen bewegen. "Investment-Kunden habe ihre Fahrzeuge selten in der eigenen Garage", beobachtet Zimmermann.



Seine Fahrzeuge dem Vermögensverwalter zur Verwahrung überlassen? Das käme dem Hamburger Reeder Mad Dabelstein nicht in den Sinn. Er ist ein selbsternannter Auto-Verrückter. Dabelstein besitzt vier neuwertige Fahrzeuge (Ferrari F 430 Spider, Mercedes ML 350, Mercedes SLK, Aston Martin) und zwei Oldtimer - einen Porsche 964 RS (Baujahr 1992) und einen Mercedes 280 SL (Baujahr 1969 - eine Pagode).

Dabelstein hat seine Pagode vor einem Jahr für 60.000 Euro erworben. Zuvor hatte er sich 90 historische Modelle zu Preisen von 30.000 bis 140.000 Euro im gesamten Bundesgebiet angeschaut. Zu vielen Terminen nahm der Reeder einen Pagoden-Experten mit, der die Autos gründlich untersuchte. 35.000 Euro hat Dabelstein dann noch in die Restaurierung investiert. Der Wagen wurde komplett auseinander genommen, mit Sandstrahl behandelt, der Lack erneuert und das Fahrzeug wieder zusammengebaut.

Heute hat seine Pagode ein Classic-Data-Gutachten mit dem Gütesiegel 1, die bestmögliche Note für den Zustand eines historischen Fahrzeugs. In diesem Zustand gebe es in Deutschland knapp 30 Exemplare, meint Dabelstein. Den momentanen Wert seiner Pagode schätzt der Reeder auf 120.000 Euro - keine schlechte Rendite nach nur einem Jahr.

Wer allerdings ehrlich rechnet, muss bei Oldtimern auch die Nebenkosten in die Renditeprognose einbeziehen: Die investierte Zeit und die Reisekosten für die Fahrzeugsuche, den Garagenplatz für das Fahrzeug. Und schließlich besteht bei Oldtimern wie bei allen anderen Sachanlagen die Gefahr einer Preisblase, die immer dann entstehen kann, wenn überschüssiges Kapital ausschließlich zu Spekulationszwecken in eine Anlageklasse strömt.

Doch daneben versprechen Oldtimer auch eine Extrarendite in Form von Fahrspaß. Eine Rendite, die Dabelstein immer dann einstreicht, wenn er bei gutem Wetter mit seiner Pagode ins Büro pendelt. Durch die Fahrt fühlt sich der Reeder "entschleunigt".

Seine neuen Autos bereiten Dabelstein deutlich weniger Freude. Der Ferrari und der Aston Martin verlieren kontinuierlich an Wert, allein mit dem Zulassungsstempel rund 20 Prozent. "Ich werde mir nur noch Oldtimer kaufen", sagt Dabelstein, "da habe ich mehr Freude und zudem einen schönen Wertzuwachs."

(C) Spiegel
http://www.spiegel.de/wirtschaft/service...,828586,00.html



« Oldtimer mit Patina im KommenOldtimer-Treffen Thedinghausen 2012 »


Weitere Artikel der Kategorie Öffentlicher Blog
Weitere Informationen zu "Mit Ente und Pagode zum Erfolg"
Immer auf dem Laufenden bleiben!
Neueste Artikel der Kategorie Öffentlicher Blog



Besucher
1 Mitglied und 1 Gast sind Online

Besucherzähler
Heute waren 7 Gäste online.

Forum Statistiken
Das Forum hat 4558 Themen und 77011 Beiträge.

Heute waren 4 Mitglieder Online: