30
Juni
2012

Warum sind die so beliebt?

Warum sind die so beliebt?
Wie kommt es, dass alle diese Autos mögen? Was muss ein Klassiker können, wie muss er sich anfühlen, um auf fast jeder Wunschliste zu stehen? Sieben Favoriten der deutschen Oldtimerszene: Stärken, Schwächen, Charaktere – und Wahrheiten hinter den Legenden.

Hier geht es um wahre Stars. Solche, die sich seit Jahrzehnten in den Charts halten. Weil jeder ihren Stil und Sound liebt. Was Musikern nur ausnahmsweise gelingt, alte Autos schaffen es locker. Das lässt sich großartig finden oder blass. Wie es die Masse der Oldtimerfans sieht, zeigen die Preise: Ja, weder Ente noch Opel Kadett Coupé sind noch billig. Und ein millionenfach gebauter Ford spielt in der Preisregion des Mercedes SL. Und ein Porsche kostet so viel wie ein Eigenheim. Wie machen die das nur?



Der VW Karmann-Ghia Typ 14 trägt einen perfekt sitzenden Designeranzug aus Italien, lässt im Handumdrehen die Sonne scheinen, sein Herz boxt treudeutsch – wenn das kein Traumtyp zum Verlieben ist.
Mittendrin in den 50ern tut sich VW mit Karmann zusammen und lässt von Ghia ein knappes Kleidchen für den Käfer dengeln. Volltreffer – der Typ hatte den Chic, von dem alle träumten. Und dazu beruhigende Volkswagen-Technik unter der Hülle.



Der Kadett B ist ein Sinnbild dafür, wie und warum Opel erfolgreich und beliebt wurde. Er ist immer genau so, wie ihn sich sein Fahrer wünscht: einfach, adrett, praktisch, chic oder wild, aber niemals überkandidelt. Immer passen vier Leute rein, und auch beim Coupé mit Rallyestreifen hat der Kofferraum Mittelklasse-Format, mindestens.
Auch wenn ein Rallye Kadett heute den Status eines Exoten genießt, ist er in der Tiefe seines Wesens immer ein Opel geblieben. Die Technik ist überschaubar konstruiert, gleichzeitig aber leistungsfähig und geradezu unwirklich zäh.
Vor allem die 1100er-Variante fährt sich dank wenig Gewicht auf der Vorderachse zauberhaft leichtfüßig und unangestrengt, nie wirkt der drehfreudige Kurzhuber angestrengt oder überfordert.
Der Kadett trägt zwar dick auf und tut halbstark, aber im Grunde ist er ein ganz vernünftiger Kerl, der für Langstrecke, Alltag und Familie taugt. Sein großer Erfolg war seine große Schwäche, und so kann man dem Kadett B kaum vorwerfen, dass ihn vorherige Generationen einfach totgeliebt haben. Sie haben ihn hart rangenommen bis zum Schluss. Heute sind echte Rallye Kadett der Baureihe B, egal ob 1100er oder 1900er, extrem selten. Originale Fahrzeuge handelt die Szene unter Ausschluss der Öffentlichkeit.



Eigenheim, sicheres Einkommen, geordnete Verhältnisse – und ein Mercedes-Cabrio. Wer es geschafft hatte in der späten Bonner Republik, gönnte sich einen SL der 107er-Serie. Dieser Mercedes schlägt die Brücke zwischen Anstand und Koketterie.
Am besten ist das Fahren: dieses unvergleichliche Mercedes-Gefühl, als sei das Auto ein fahrbares Eigenheim, also eine Anschaffung zum Vererben. Kein anderer Hersteller hat das hinbekommen.
Turnschuhe hin oder her, der 107er-SL sichert immer einen gediegenen Auftritt. Dabei wirkte er auf viele Mercedes-Fans der frühen 70er zu technokratisch und manche Tester rümpften die Nase über diese gewölbte Motorhaube.
Der R 107 ist nicht sportlich, alles Extreme liegt ihm fern. Er ist gesittet wie die Leute, die ihn neu kauften. Und die trafen eine gezielte Wahl, denn billig war der SL nie – wer prunken oder prollen wollte, hätte für dasselbe Geld passenderes Gestühl bekommen.
Den Amerikanern gefiel er besonders gut, sie nahmen meist die V8-Version, auch der Mechaniker freut sich über sinnvoll aufgebaute Technik im 380 SL: alles durchdacht und logisch.



Auf den ersten Blick wirkt der BMW 2002 eher bürgerlich und konventionell. Wer es nicht erlebt hat, ahnt kaum, dass dieses Auto vor 40 Jahren die Freude am Fahren in einer neuen Klasse kultiviert hat. Im Grunde bis heute.
Eigentlich ist der 2002 kein außergewöhnliches Auto. Seine Form erregt weder Aufsehen, noch ist sie besonders praktisch. Technische Leckerbissen suchen wir vergeblich, und mit seiner Leistung lassen sich heutzutage allenfalls ganz kleine Autos verschrecken.
Doch in den 60ern ist der Kauf eines BMW ein offensives Bekenntnis. Die einen verehren die Autos wegen ihrer dynamischen Eigenschaften, andere lehnen sie wegen der aggressiven Ausrichtung ab.
Durch die abfallende Seitenlinie wirkt der BMW stets sprungbereit, dünne Säulen und große Glasflächen geben dem 2002 einen filigranen Charakter. Trotz Querstabilisatoren kommt es zu heftigen Seitenneigungen in scharf gefahrenen Kurven.



Damals, in den Sixties, war der Ford Mustang Rebell und Teenie-Schwarm. Und heute? Heute ist der alte Revoluzzer immer noch cool.
Der Mustang war das Produkt eiskalten Kalküls, eine Designer-Droge von Strategen, die genau wussten, dass die US-Baby-Boomer bald das Führerscheinalter erreichen. Dann würden sie nach Autos schreien, die nichts mehr mit dem Raketen- und Flossenkitsch der 50er gemein haben sollten.
Aber wenn der Mustang Kurven so präzise folgen würde wie jeder Spurrille, dann hätte es wahrscheinlich keinen Carroll Shelby gebraucht, um aus dem Steckenpferdchen einen konkurrenzfähigen Rennwagen für die Rundstrecke zu basteln.
Zwischen den SUV-Kolonnen deutscher Innenstädte wirkt selbst ein Mustang mit 60er-Jahre-Vollausstattung fast schutzbedürftig fragil. Das Fastback-Coupé kam Ende 64 als dritte Mustang-Version. Heute ist es so gesucht wie die lange dominierenden Cabrios.
Da ist gar nicht viel Unterschied zum Armaturenbrett des treudeutschen Ford 20M P5, auch die billige Machart der Kunststoffe ähnelt sich. Doch Details wie die schlanken Sportsessel und das hölzerne Lenkrad reißen es raus.
Der Mustang ist sich im Rahmen seiner Möglichkeiten immer treu geblieben. Er ist – auch wenn die Preise ständig steigen und er in beheizten Garagen parken darf – ein Held der Arbeiterklasse.
Damit der 6,4-Liter-Big-Block unter die Haube passt, ging der Mustang zum Modelljahr 1967 um sechs Zentimeter in die Breite – was ihm prima steht. Der Motor stammt ursprünglich aus dem Thunderbird und liefert sein maximales Drehmoment von 579 Newtonmetern schon bei 3200 Touren.



Den 911 Carrera RS 2.7 baute Porsche nicht zum Angeben, sondern um damit Rennen in der Gruppe 4 (Spezial-GT) zu gewinnen. Seine Siege sollten auf die Serie abstrahlen und den Verkauf der zahmeren Modelle ankurbeln, aber um starten zu dürfen, musste er erst einmal in Serie gefertigt werden.
Ein Rennwagen mit Straßenzulassung, das hatte es seit dem Porsche 356 mit dem Vier-Nockenwellen-Motor des 550 Spyder nicht mehr gegeben. Schnell, bezahlbar, verfügbar – die Renn- und Herrenfahrer griffen begeistert zu.
Keine Aufladung, bitte, nur Drehzahl! Vor dem Auftauchen des 911 Turbo stellte der Carrera RS 2.7 die Spitze der Porsche-Nahrungskette dar – erste Wahl für den Sportfahrer.
Auch dieser Porsche ist nur ein Auto. Ein Auto, das vom Käfer abstammt und sich selbst in dieser Ausprägung nicht für seine Herkunft schämt. Die aufrechte Sitzposition, der halbmeterlange Schaltknüppel und die stehenden Pedale, das alles ist bekannt und vertraut aus einer Klasse, in der 44 PS schon als Ideal-Motorisierung galten.



Der 2 CV war nie dazu gedacht, Jahrzehnte zu überdauern, als Liebhaberauto gehegt zu werden. Er ist ein Auto aus den 1930ern, genial konstruiert, eben als Behelfsvehikel.
Wer die Ente von früher nicht kennt, muss sich auf sie einlassen können. 1981 tritt der Charleston ins Leben der Ente und verführt sie zum schwarz-roten Kleid. 1982 gibt es sie kurz in Gelb-Schwarz, danach in Hellgrau-Dunkelgrau.
Im vierten Gang steigert sich der Wagen tapfer auf 70, danach ebbt das Temperament ab. Da schlendert die Ente über eine einsame Landstraße, durchstiebt sachte Wegkrümmungen mit dramaturgisch vollendeter Seitenneigung.
Küchenwaagen haben heute mehr Funktionen als das Cockpit des 2 CV, dennoch beeindruckt die Unordnung, die dort herrscht.
Choke ganz ziehen, Zündschlüssel auf Starten, dort halten, bis der Anlasser den Boxermotor mit seinem großen Schwungrad auf Touren gebracht hat.
Der Luftgekühlte hustet und sprotzelt sich ein Weilchen warm, verfällt dann in ein geradezu übermütig unternehmungslustiges Schnattern. Der 29-PS-Motor ist ein anspruchsloser Dauerläufer und durchaus vollgasfest.
Wenn alles seine Zeit hat, dann vielleicht auch alte Autos. Die des 2 CV scheint gezählt. Seine alten Freunde werden noch etwas mit ihm durchs Leben schleichen, aber wer versteht ihn danach?

(Bilder: Archiv/Pressefotos,l ABK)



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